Gründung
Im Jahre 1882, als das Dorf Haitz nur ca. 500 Einwohner zählte, hat der Lehrer Heinrich Hufnagel zur
Gründungsversammlung des Gesangvereins Harmonie Haitz eingeladen.
Spontan haben sich 27 Sangesbrüder gefunden, die nun regelmäßig im Gastzimmer der Wirtschaft Konrad Lamm Chorproben abhalten wollten, um mit ihrer Liebe zum Gesang nicht nur ihrer musikalischen
Neigung einen geordneten aber doch freien Lauf zu lassen, sondern auch ihren Nachbarn, Freunden und Bekannten im Dorf regelmäßig eine Freude zu bereiten, indem Ständchen zu allen möglichen
Gelegenheiten aber auch eventuell bereits angedachte Konzerte abgehalten werden sollten.
In dem ältesten noch erhaltenen, handschriftlich geführten und in Sütterlinschrift geschriebenen Protokoll der Generalversammlung vom 01.02.1902 sind gewählt worden:
Der 1. und 2. Vorsitzende, der Schriftführer und der Kassierer,
die als Positionen auch heutzutage noch den Geschäftsführenden Vorstand bilden.
Auch der Fahnenträger und zwei Fahnenbegleiter wurden gewählt.
Die
Vereins-Fahne
Damals war es eine Selbstverständlichkeit, dass jeder Verein ein Fahne hatte und sie stolz zu jeder Gelegenheit
aufstellte bzw. vor sich hertrug, denn schließlich hatten wir noch einen Kaiser, also eine klare gesellschaftliche Ordnung von oben nach unten, die durch ein starkes Obrigkeitsdenken mit Gehorsam und
Disziplin gekennzeichnet waren.
Da die Fahne eine
starke Symbolkraft hatte, wurde eigens im Jahre 1892 ein Fest mit der Bezeichnung "Fahnenweihe" abgehalten, um den ganzen Ort unter Beteiligung des damaligen Patenvereins Harmonie Gelnhausen zu
dokumentieren, dass man ab jetzt ein vollwertiger Verein ist.
5 Jahre später erlebte unser Dörfchen eines seiner größten Feste. Der rührige Vorstand und ein vom Verein gewählter Festausschuss bereiteten in aufopfernder Arbeit das Bezirksfest des Deutschen
Sängerbundes vor, welches im Jahre 1897 abgehalten wurde.
Festplatz war die fürstliche Wiese unterhalb des Dorfes.
In edlem Sängerwettstreit mit den zahlreich erschienenen auswärtigen Chören zeigte
die Haitzer Sängerschar, dass sich die Mühe um die ständige Verbesserung des Klangkörpers gelohnt hatte.
Gerade diese Sängertreffen trugen wesentlich mit dazu bei, dem Verein immer wieder neuen Auftrieb zu geben, dass sich Sänger und Angehörige enger zusammenschlossen.
Drei Tage war man in Freundschaft und guter Laune zusammen. Nun trat der Sängerverein Harmonie immer mehr in die Öffentlichkeit. An vielen Sängertreffen in der näheren und weiteren Umgebung nahm er Teil und konnte beachtliche Leistungen verbuchen. Mancher Pokal wurde mit nach Hause genommen, um im Vereinslokal einen würdigen Platz zu erhalten.
Die
Chorleiter
So waren es die Lehrer, wie eben auch der Vereinsgründer Heinrich Hufnagel, die in den ersten Jahrzehnten maßgeblich
versucht haben die Kultur in der Bevölkerung zu verbreiten und auch selbstverständlich die Dirigentenposition eingenommen haben. Lehrer waren damals sehr schlecht bezahlte Personen, die sich mit
einem kleinen Obolus für ihre Dirigententätigkeit lediglich Ihr Gehalt aufgebessern konnten.
Und wie sieht das heute aus? Heutzutage haben wir studierte professionelle Chorleiter, die ausschließlich vom Dirigieren und somit als voll beruflicher Chorleiter ihren Lebensunterhalt verdienen.
Aber nicht nur bei den Dirigenten hat sich das Berufsbild maßgeblich verändert, sondern auch in allen anderen Lebenssituationen.
Vereinsausflüge
Als man es sich dann in den 60er Jahren erlauben konnte auch größere Entfernungen zu überbrücken, hat man die ersten entfernteren Ausflüge durchgeführt, Beteiligung an Konzerten realisiert, oder
Freundschaftsbesuche gemacht. Man war zu Sängerwettstreiten in ganz Hessen unterwegs, unter anderem in Bayern und NRW.
Einige Höhepunkte dieser Reisen waren unter anderem in den 70er Jahren eine Reise nach Berlin und kurz danach auch nach Wien.
Die Erlebnisse und Eindrücke dieser Reisen hat man im Dez. 79 in einem Konzert unter dem Motto "Bunter Abend" bzw. "Reise um die Welt" verarbeitet.
Ein riesiges Ereignis!
In einer Nordwest-Europa-Tournee der Harmonie Haitz Ende der 80er Jahre, hat man in nur 4 Tagen Brüssel, Amsterdam, London und kurz danach auch Paris besucht.
Es folgten bedeutende Konzertreisen und Teilnahmen an internationalen Chorwettbewerben, die übrigens durchgängig mit sehr gutem Erfolg abgeschlossen wurden. Dazu gehörten unter anderem das Konzert im
Salzburger Dom, im Smetana-Saal zu Prag sowie in der Redoute in Budapest.
Unvergessen bleibt eine fünftägige Reise nach Rom, bei der sicherlich das Singen im Petersdom und im Pantheon die Höhepunkte des dortigen Chorgesangs waren. Internationale Besucher und Touristen aus Japan , USA, Ägypten und sonst woher aus der Welt sind stehengeblieben und haben unserem Chorgesang gelauscht, und im Pantheon auch heftig applaudiert.
Männer
und Frauen
Der Gesangverein Harmonie Haitz ist im Jahre 1882 als reiner Männergesangverein gegründet worden. Als was denn auch
sonst, selbstverständlich gab es damals keinen Frauenchor, oder gar einen gemischten Chor. Wir haben schließlich Kaiserzeit geschrieben.
Doch die gesellschaftliche Entwicklung ging selbstverständlich auch nicht spurlos an der Harmonie Haitz vorbei:
Die Generalversammlung vom 02.01.1926 hat beschlossen:
"Ferner wurde mit 23 Stimmen gegen 13 Stimmen die Gründung eines gemischten Chores angenommen". Allein die Zahlen wie auch die Formulierung deuten darauf hin, dass diese Entscheidung doch heftig
diskutiert gewesen sein muß.
In der Versammlung vom 20. August 1932 ist beschlossen worden, dass der aktive Chorbetrieb ab sofort ruhen wird.
Als nach einigen Jahren Pause nach dem Krieg - im Jahre 1952 - der Chorgesang wieder aufgenommen wurde, hat sich erneut ein reiner Männerchor gebildet. Auch in dieser sich schnell entwickelnden Zeit
- ab 1952 aufwärts - haben sich die Frauen als gern gesehene Helfer hinter den Kulissen in das Vereinsleben eingebracht und haben kräftig mitgewirkt bei der Gestaltung von Festen und Veranstaltungen.
Bereits im Jahre 1952 sind auch die ersten Frauen wieder in den Chor eingetreten, allerdings nicht als aktive sondern als passive Mitglieder. Nach weiteren Vorstößen der Frauen ist im Protokoll zur
Mitgliederversammlung vom 30.03.1972 folgendes dokumentiert worden:
"Anwesend waren 42 Mitglieder. Nach einem Grußwort an die zum ersten Mal anwesenden Damen, kam der 1.Vorsitzende auf die im abgelaufenen Geschäftsjahr besuchten Feste und fand lobenswerte Worte
dazu".
Das war die Geburtsstunde des gemischten Chores, der laut Festbuch vom Juli 1972 damals aus sage und schreibe 23 Frauen und immerhin 38 Männern bestanden hat. Sozusagen von Null auf Hundert aus dem
Stand heraus.
Um den Stand der
Frauen zu stärken, ist eine Frauenvertreterin ernannt bzw. gewählt worden; namentlich benannt mit Frau Elfriede Hanselmann.
Einigkeit bestand unter den Männern keineswegs darin, dass die Frauen nun aktiv mitmischten, denn in dem Protokoll vom 17.10.1972, also im gleichen Jahr, in dem der gemischte Chor erneut gegründet
worden ist, steht geschrieben, dass vorläufig festgelegt wurde, dass man um 20:00 Uhr mit dem gemischten Chor beginnt und ab etwa 22:00 Uhr - bei entsprechender Beteiligung - der Männerchor
fortgeführt wird.
Den Frauen war es aber nicht genug "nur im Chor mitsingen zu dürfen". In der Jahreshauptversammlung des 19.03.1976 hat nämlich eine gewisse Frau Karin Freund zum Tagesordnungspunkt 7 sich gemeldet
und den Einfluss der Frauen auf das Vereinsgeschehen bemängelt. Der gesamte Vorstand unterstützte den Vorschlag eine Frau als gleichberechtigtes Vorstandsmitglied einzugliedern. Dieser Punkt sollte
jedoch erst in einer weiteren Versammlung zur Diskussion gestellt und eine entsprechende Person gewählt werden. Mit einer solchen dadurch bedingten Satzungsänderung war die Versammlung dann auch
einverstanden.
Aus der Versammlung vom 07.04.1977 ist protokolliert:
"Die Versammlung wurde beauftragt über den Modus der Wahl der Frauenvertreterin zu entscheiden". Eine Abstimmung ergab, dass die Vertreterin von den Frauen vorgeschlagen wird und die Wahl durch die
gesamte Versammlung erfolgt. Hierzu wurde Karin Freund einstimmig gewählt. Somit war zum ersten mal eine Frau in den Vorstand eingebrochen.
Das mit einer relativen Selbstverständlichkeit der sogenannte Vergnügungsausschuß, das heißt die tätigen Mitglieder des Vergnügungssausschuß, überwiegend Frauen gewesen sind, versteht sich zwar von
selbst, ist aber nirgendwo besonders hervorgehoben.
Bei den Vorstandswahlen von 1986 bahnte sich dann erstmalig an, dass auch eine Frau auf den Weg in den geschäftsführenden Vorstand war, denn damals wurde Frau Doris Brill als zweite Schriftführerin
gewählt. Kurz danach war Sie bereits die erste Schriftführerin und somit die erste Frau im geschäftsführenden Vorstand.
Nachdem Günter Nix 37 Jahre lang als 1. Vorsitzender tätig gewesen ist, hat er 1996 dieses Amt in jüngere Hände übergeben wollen. Seine Kollegen im geschäftsführenden Vorstand Rudolf Wagner und
Konrad Kling die auch weit über 30 oder sogar 35 Jahre im Vorstand tätig gewesen sind, taten es ihm gleich.
Damit war der Weg frei für die Fortsetzung der Frauenbewegung, sodass die Jahreshauptversammlung mit Brigitte Piechotta erstmals eine Frau als 2. Vorsitzende gewählt hat.
4 Jahre später war der endgültige Sieg der Frauen perfekt, als die Generalversammlung Frau Brigitte Piechotta zur 1. Vorsitzenden gewählt hat.